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Suche nach M. Roman in zwölf Episoden. Suhrkamp, 1997

Andreas Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung, 11. März 1997

»Das Vergehen der Vergangenheit war den meisten, die Unvergänglichkeit der Vergehen nur einigen wenigen ein Anliegen.«

Davon will dieser Roman mit seinen zwölf Episoden erzählen - in eigenwilliger Weise: Aller existentiellen Schwere begegnet er mit einem spielerischen Geschichtengeflecht, aller Moral mit einem magischen Erzählen, das die Abgründigkeiten um so bizarrer ausleuchtet. Das Phantastische wird realistisch.

Dani und Arieh sind die Söhne von Gitta und Mosche Morgenthau, von Jakob und Ruth Scheinowiz. Und sie sind die Kinder von Überlebenden aus Krakau; vor ihrer Geburt standen die Vernichtungslager, und ihre Existenz gründet in Zufall und Glück. Jetzt wollen die Eltern in den Kindern überleben - in Dani und Arieh. Aber deren Jugend in Wien ist belastet vom Leugnen der Täter und vom Schweigen der Opfer, deren Erinnerung erst nach Jahrzehnten hervorbricht.

Dani und Arieh antworten mit rätselhaften Fähigkeiten. Dani nimmt die Schuld anderer Menschen auf sich. Sobald er einem Täter gegenübersitzt, der sein Vergehen leugnet, kann er nicht anders, muß er an seiner statt gestehen: »Ich war's, ich bin's gewesen. Ich bin schuld.« Dani wird zu einem anderen. Er taucht überall dort auf, wo das Bekenntnis einer Schuld abgelegt werden kann, Wien und ein ganzes Land beginnen die Enthüllungen des Unbekannten zu fürchten. Die Suche nach M. beginnt.

Arieh verfügt über eine ebenbürtige Intuition. Er vermag Schuldige zu finden, ohne deren Namen oder Aussehen zu kennen. Sein Gespür läßt ihn zum Agenten des israelischen Geheimdienstes werden. Eines Tages trifft Arieh, der Agent, auf jenes Phantom, das wandelnde Mahnmal der Schuld. Auch seine Suche nach M. beginnt.

In einzelnen Stories, die von der Nachkriegszeit bis zum Golfkrieg sich spannen, ist Kommissär Karl Siebert auf der Spur von M., begeistert sich die Kunsthistorikerin Sinah Mohn für die Avantgarde und für Amouren, malt Otto Toot ein geheimnisvolles Gemälde, steht die schöne Gülgün aus Istanbul vor Gericht oder begegnet die Psychoanalytikerin Caro Sandner dem Wiener Frauenmörder Helmuth Keysser.

»Es müßte mehr solche Bücher geben ... Seinem Romanerstling Suche nach M. fehlt es weder an Abgründigkeit noch an Witz, weder an Sentiment noch an Kolportage, weder an erzählerischem Raffinement noch an poetischer Kraft. Hier wagt ein Nachgeborener das Bekenntnis zum Leben, ohne in die Falle der Sentimentalität zu tappen.«

Wendelin Schmidt-Dengler, Die Presse, 8. März 1997

»Die Sicherheit, mit der der Autor diese prekäre Thematik in den Griff bekommt, zugleich jegliches Pathos meidet sowie jeden Anflug von Sentimentalität durch vorwegnehmende Ironie auffängt, gibt dem Roman sein unverwechselbares Format.«

Christian Jürgens, Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 5/1997, 44. Jahrgang

»Doron Rabinovicis grandioser Roman Suche nach M. erzählt von einem magischen Umgang mit Schuld. ... Die zwölf Episoden des Romans, die sich vom Wien der Nachkriegszeit bis zum Golfkrieg zu einem allmählich Konturen gewinnenden Mosaik fügen, sind mit einem souveränen Witz geschrieben, der Ausflüge in die Groteske, das Phantastische, den Slapstick nicht scheut.«

Walter Buckl, Tages-Anzeiger, 24. März 1997

Die Geschichten um Dani und Arieh finden sich eingebettet in ein fast schon irrwitziges Beziehungsgeflecht, welches dem Leser Bewunderung darüber abverlangt, daß der Erzähler sämtliche narrative Fäden in der Hand zu halten vermag; denn Rabinovici gelingt das Kunststück, seine Prosa unterhaltsam, elegant und leicht, zugleich aber auch ausgesprochen artifiziell, genial und mehrdeutig darzubieten.«

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